«Stockwerkeigentum»
Wer sich den Traum vom Eigenheim verwirklichen will, begegnet auch dem Stockwerkeigentum. Dieses bietet die Möglichkeit, eine einzelne Wohnung in einem Mehrfamilienhaus zu Eigentum zu erwerben. Stockwerkeigentum ist beliebt und prägt die Wohnsituation unzähliger Personen in der Schweiz. Neben vielen Vorteilen birgt Stockwerkeigentum aber auch ein nicht zu unterschätzendes Konfliktpotenzial und Fesseln. Wer sich vor dem Kauf ein paar Gedanken macht, wird später nicht unliebsam überrascht.
Mein Eigentum, euer Eigentum
Im Zentrum von Konflikten steht oft die Frage, wem was gehört und wer womit was machen darf. Im Stockwerkeigentum gehört grundsätzlich nur die Innenseite der Wohnung wirklich einem selbst. Die Aussenseiten des Gebäudes sowie die gemeinschaftlich genutzten Teile sind gemeinschaftliches Eigentum der Stockwerkeigentümer. Für eine aussen installierte TV-Satellitenschüssel ist deshalb die Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft nötig. Ebenso für eine Ladestation in der gemeinschaftlich genutzten Tiefgarage. Diskussionen oder gar Konflikte sind so programmiert.
Nebst der Begründungsurkunde ist das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft ein zentrales Dokument. Dieses gibt meist näher Aufschluss über die Zuweisung von Gebäudeteilen zu alleinigem oder gemeinschaftlichem Eigentum sowie über die Nutzungsmöglichkeiten von gemeinschaftlichen Teilen. Vor dem Kauf von Stockwerkeigentum sollte unbedingt Einsicht in dieses Reglement sowie die Begründungsurkunde und die Hausordnung genommen werden. Da gewisse Vorhaben vom Goodwill der Nachbarn abhängen, empfiehlt es sich auch, im Vorfeld eines Kaufs das Klima unter den (künftigen) Nachbarn zu sondieren. Aufschluss geben hierüber kann die Häufigkeit von Eigentümerwechseln. Es lohnt sich zudem, sich mit bestehenden Eigentümern zu unterhalten. Auch die Einsicht in Protokolle der Stockwerkeigentümerver-sammlungen kann sehr aufschlussreich sein und ein Stimmungsbild vermitteln, worüber und wie jeweils debattiert wird.
Nach dem Kauf ist vor der Renovation
Auch Stockwerkeigentum altert. Während beim eigenen Haus dem Alterungsprozess nach Belieben entgegengewirkt werden kann, gestaltet sich dies bei einer Liegenschaft im Stockwerkeigentum schwieriger. Eine Renovation innerhalb der eigenen vier Wände ist zwar bei Stockwerkeigentum nach eigenem Gutdünken möglich. Die Renovation der grundlegenden Bausubstanz, wie tragende Wände, das Dach, die Aussenfassade oder die Heizungsanlage, die ebenfalls dem Zahn der Zeit ausgesetzt sind, ist jedoch nur mit Zustimmung der Stockwerkeigentümergemeinschaft möglich.
Renovationen werden bisweilen aufgrund unterschiedlicher ästhetischer Vorstellungen blockiert. Häufig scheitert eine Renovation auch, weil die nötigen Finanzmittel fehlen. Ein gutes Stockwerkeigentümerreglement sieht regelmässig die Äufnung eines Erneuerungsfonds vor. In der Praxis wird dies aber öfters nicht umgesetzt, oder der Fonds ist hoffnungslos unterdotiert. Kann die Eigentümergemeinschaft die substanziellen Kosten einer Renovation nicht auf einen Schlag aufbringen, wird häufig in Etappen renoviert, was die Kosten in die Höhe treibt. Vor dem Kauf sollte der Stand des Fonds und der bereits bezahlte Anteil der betreffenden Stockwerkeigentumseinheit abgeklärt sowie der Renovationsbedarf von einem Experten abgeschätzt werden. Wer Einsicht in die Jahresrechnungen nimmt, erkennt Rückstände in Zahlungspflichten. Geprüft werden sollte auch, ob der Fonds nur für Renovationen und nicht zur Deckung von laufendem Unterhalt verwendet wurde. Wer weiss, worauf er sich einlässt, kalkuliert richtig.
Marzel Wyden ist Rechtsanwalt bei Thouvenin Rechtsanwälte KLG, Zürich, www.thouvenin.com . Er ist auf Gesellschaftsrecht
sowie Mergers & Acquisitions spezialisiert und berät auch im Immobilienrecht.
Hinweis: Dieser Artikel wurde in der April-Ausgabe 2021 der Zeitschrift „Das Ideale Heim“ publiziert.
2021-04-Ausgabe-Nr.-4-April-Marzel-Wyden-Stockwerkeigentum.pdf (pdf 90 kB)