29. September 2021

«Home, Smart Home»

Ihre eigene Wohnung dürfen Sie so smart ein­richten, wie Sie wollen, wenn Sie das «sweet» finden: «My home is my castle» gilt auch in der Schweiz. Sie können also das Entertainmentsystem vernetzen, den Eingang mit einem smarten Türöffner versehen und den Was­serverbrauch analysieren und steuern. In Ihren eigenen vier Wänden bestimmen Sie – auch, welche Daten Sie preisgeben. Und da­mit, inwieweit ihr Sweet Home ein Castle oder smart sein soll.

Anders ist es beim Mehrfamilienhaus. Dort geht es nicht nur um Ihre eigenen Daten, sondern auch um die Ihrer Mitbewoh­nerinnen und -bewohner. Das kann schnell heikel werden. Denn die Kamera am Haus­eingang sollte zwar bloss Vandalenakten und Einbrüchen vorbeugen, aber sie filmt nun auch Frau Egli, die eine Einkaufstasche einer teuren Boutique heimbringt, und Herrn Wolf, der spätabends mit weiblicher Begleitung nach Hause zurückkehrt. Der Wasserzähler, der alle 30 Sekunden die Verbrauchsdaten übermittelt, erlaubt Rückschlüsse darauf, dass Frau Egli badet und Herr Wolf duscht und zu welchen Zeiten dies geschieht. Aus solchen Daten lässt sich schon ein ziemlich aussage­kräftiges Profil der beiden erstellen.

Die folgenden Grundsätze gilt es deshalb zu beachten, wenn Sie Ihr Mehrfamilienhaus smart machen wollen:

Zustimmung oder überwiegendes Interesse

Wenn alle betroffenen Personen zustimmen, dürfen ihre Daten bearbeitet werden. Das ist allerdings oft komplizierter, als man meint, weil wirklich alle zustimmen müssen. Daten dürfen jedoch auch ohne Zustimmung bear­beitet werden, wenn ein überwiegendes Inte­resse vorliegt. Zum Beispiel dürfen Kameras installiert werden, wenn die Mauern regelmässig versprayt werden. Hingegen sind Ka­meras nicht erlaubt, um bloss herauszufinden, wer mit schmutzigen Schuhen zurückkehrt. Die Daten dürfen ausserdem nur zum benö­tigten Zweck gebraucht werden.

So wenig wie möglich

Es müssen so we­nig Personendaten wie möglich bearbeitet werden. Reicht es, wenn die Kamera nur die Mauer und nicht auch den Eingang filmt, weil nur die Mauer versprayt wird? Genügt es, nur zu bestimmten Zeiten zu filmen? Kann der Wasserzähler auch nur einmal pro Jahr den Verbrauch messen und die Messung nur auf Abfrage und nicht perma­nent senden?

So kurz wie möglich

Daten dürfen nicht länger gespeichert werden, als nötig. Die Bil­der der Kamera müssen nach 24 Stunden überspielt werden, die Daten über die Bedie­nung der Sonnenstoren dürfen gar nicht gespeichert werden.

So privat wie möglich

Der Zugriff auf die Daten muss möglichst beschränkt werden: Nur die Personen, die die Daten brauchen, dürfen Zugriff haben. Die Kameradaten kann etwa nur die Hausverwalterin und ihr Stellvertreter sehen. Der Wasserverbrauch ist nur der Buchhalterin bekannt.

So sicher wie möglich

Die Daten müssen geschützt werden, damit sie nicht in falsche Hände gelangen. Es muss sichergestellt sein, dass die Kamera nicht abmontiert oder gehackt werden kann.

Information

Die betroffenen Personen müssen informiert werden: Die Bewohnerin­nen und Bewohner des Hauses müssen wis­sen, wo die Kamera aufgestellt wird, wann und zu welchem Zweck sie filmt und wer Zugriff auf die Daten hat. Sie müssen wissen, wo und wie lange die Daten gespeichert wer­den. Und an wen sie sich mit ihren Anliegen wenden können.

Smart Home ist fantastisch in den eigenen vier Wänden, wo man selbst bestimmen kann, was mit den eigenen Daten passiert. In Mehrfamilienhäusern ist Zurückhaltung angesagt. Denn nicht für alle ist ein Smart Home auch ein Sweet Home – manche bevorzugen ein Castle.

 

Dr. Katia Favre ist Rechtsanwältin und Informatikerin NDL  bei Thouvenin Rechtsanwälte KLG, Zürich, www.thouvenin.com . Sie berät gene bei Themen rund um Technologien und Datenschutz.

 

Hinweis: Dieser Artikel wurde in der Oktober-Ausgabe 2021 der Zeitschrift „Das Ideale Heim“ publiziert.

 

2021-10-Ausgabe-Nr.-10-Das-Ideale-Heim_Katia-Favre_Home-Smart-Home.pdf (pdf 574 kB)