«Architect’s Fee»
Wenn der Traum vom fertiggestellten Eigenheim von unerwarteten oder unerwartet hohen Honorarrechnungen des Architekten überschattet wird, hängt der Haussegen schief. Auseinandersetzungen zwischen Bauherren und Architekten über das geschuldete Honorar kommen vor, wären aber oft vermeidbar, denn solche Honorarstreitigkeiten sind nicht selten auf mangelndes Verständnis aufseiten der Bauherrschaft über die vertragliche Vereinbarung und deren Auswirkungen zurückzuführen.
Architektenvertrag
Grundlage des Architektenhonorars bildet der Vertrag mit dem Architekten. Der Architektenvertrag ist aber nicht gesetzlich geregelt. Je nach Ausgestaltung und Inhalt untersteht er Werkvertrags- oder Auftragsrecht. Weder der eine noch der andere Vertragstyp machen zwingende Vorgaben bezüglich Honorarhöhe. Die für die Architektenleistungen geschuldete Vergütung bestimmt sich in erster Linie nach der getroffenen Vereinbarung. Oft ist jedoch nicht restlos klar, was genau vereinbart wurde.
SIA-Ordnung 102
Viele Architektenverträge bauen auf der SIA-Ordnung 102, «Ordnung für die Leistungen und Honorare der Architektinnen und Architekten», auf. Hierbei handelt es sich aber nicht um Gesetzesrecht, sondern um ein vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein herausgegebenes Regelwerk. Als solches ist die SIA-Ordnung 102 nicht ohne weiteres auf jeden Architekturvertrag anwendbar, sondern nur, wenn und soweit die Anwendung der SIA-Ordnung 102 vertraglich vereinbart wurde.
Die SIA-Ordnung 102 enthält zahlreiche Vertragsbestimmungen zur Bemessung des Honorars, doch auch ein gültiger Einbezug dieses Normengefüges verhilft noch nicht ohne weiteres zur angestrebten Klarheit. Seit einer Intervention der Wettbewerbsbehörde im Jahr 2003 gibt es keine «SIA-Tarife» mehr, und der Bauherr und der Architekt müssen die Honorierung bzw. die notwendigen Berechnungsfaktoren, wie z.B. den Stundensatz und den Leistungsumfang des Architekten, vertraglich vereinbaren. Die SIA-Ordnung 102 sieht hierfür drei Honorierungsarten vor: die Vergütung (i) nach effektivem Zeitaufwand des Architekten (Zeittarif), (ii) nach dem Umfang bzw. den Kosten des Baus (Kosten- oder Volumentarif), oder (iii) als Pauschal- oder Globalhonorar. Entsprechend wichtig ist, die Art der Vergütung klar zu definieren.
Böse Überraschungen vermeiden
Jede der vorerwähnten Varianten hat Vor-und Nachteile, über die sich die Parteien im Klaren sein sollten. So gilt etwa zu bedenken, dass bei vereinbartem Baukostentarif – bei dem sich das Honorar nach einem Prozentsatz anhand der Baukosten berechnet – sich bei einer unvorhergesehenen Verteuerung des Baus auch das Architektenhonorar proportional erhöht. Die Überraschung kann diesfalls für den Bauherrn doppelt böse sein: in Form zusätzlicher Kosten für den Bau und für den Architekten. Klarheit ist aber auch im Interesse des Architekten, denn letztlich ist es der Architekt, der das geltend gemachte Honorar einfordern muss.
Neben dem Honorar sollten auch die Architektenleistungen und allfällige Vorgaben des Bauherrn (bspw. Termine) im Vertrag festgehalten werden. Dies ist besonders bei Pauschalhonoraren wichtig, da regelmässig nur die Vergütung, nicht aber die Leistungen des Architekten pauschaliert werden. Andernfalls können trotz vereinbarter Pauschale Mehrkosten für Leistungen «ausserhalb der Pauschale» entstehen, was zu Frust und Streitigkeiten führen kann. Generell gilt auch hier, wer Klarheit schafft, muss hinterher weniger Wogen glätten.
Marzel Wyden, lic.iur, LL.M. is a senior Associate at Thouvenin Rechtsanwälte KLG, Zürich, www.thouvenin.com . His advisory focus is on corporate law as well as M&A.
Note: This article was published in the April 2022 issue of the magazine “Das Ideale Heim”
2022-04-Ausgabe-Nr.-4_Das-Ideale-Heim_Marzel-Wyden_Architektenhonorar.pdf (pdf 90 KB)