«Stolperfalle NAV»
Sie beschäftigen viel geschätzte Hausangestellte wie Raumpfleger, Nannies oder Betagtenbetreuer? Wissen Sie, dass Sie damit zum Arbeitgeber geworden sind — mit allen Rechten und Pflichten? Private Hausangestellte leisten Arbeit gegen Entgelt. Deshalb ist das Vertragsverhältnis zwischen Hausangestellten und Privathaushalten als Arbeitsvertrag zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig davon, ob ein schriftlicher Vertrag besteht oder nicht.
Stolperfallen Normalarbeitsverträge
Es lohnt sich jedoch in jedem Fall, einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschliessen. Punkte, die nicht anderweitig (schriftlich) geregelt sind, richten sich nach den kantonalen Normalarbeitsverträgen (NAV) für Hausangestellte. Diese sind bindend, auch wenn die Parteien keine Kenntnis von deren Inhalt haben. Die kantonalen NAV enthalten detaillierte Regelungen, zum Beispiel zu Ruhezeiten, Ferien- und Feiertagsansprüchen, Lohnfortzahlungspflichten im Verhinderungsfall (z.T. Krankentaggeldversicherungspflicht), Überstundenentschädigung, Kündigung usw.
Der NAV Hauswirtschaft des Bundes regelt ausserdem Mindestlöhne. Die Minimallohnhöhe ist abhängig von Ausbildung und Berufserfahrung und beträgt seit dem 1. Januar 2020 zwischen CHF 19.20 und CHF 23.10 brutto pro Stunde. Für im Stundenlohn beschäftigte Hausangestellte kommen Zuschläge für Ferien und Feiertage hinzu. Die Mindestlöhne sind in jedem Fall einzuhalten.
Schwarzarbeit vermeiden
Hausangestellte gelten im Normalfall als unselbständig Erwerbende. Um Schwarzarbeit zu vermeiden, müssen sie deshalb korrekt angemeldet werden, d. h. es ist:
- eine Versicherung bei einem zugelassenen Unfallversicherer für Berufsunfall (je nach Wochenstunden auch für Nichtberufsunfall) abzuschliessen;
- eine Anmeldung bei der Ausgleichskasse, evtl. auch bei der Familienausgleichskasse zu tätigen;
- den Anschluss an eine Pensionskasse zu prüfen (Lohnhöhe massgebend);
- gegebenenfalls die Quellensteuer abzuliefern (bei vereinfachtem Meldeverfahren);
- sicherzustellen, dass eine gültige Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung vorliegt.
Ausweg über Agenturen?
Es gibt diverse Firmen, die anpreisen, für Privathaushalte passende Hausangestellte zu suchen, ihnen alles Administrative abzunehmen und den Arbeitsvertrag aufzusetzen, der dann aber durch den privaten Haushalt unterzeichnet wird. Hier liegt nur Personalvermittlung vor; dies reicht nicht, um sich der Arbeitgeberposition zu «entledigen». Der Privathaushalt bleibt Arbeitgeber und muss die damit verbundenen rechtlichen Pflichten einhalten.
Personalverleih ist gegeben, wenn die Haushaltshilfe von einer Agentur angestellt ist und mit dieser einen Arbeitsvertrag unterzeichnet, aber die Arbeitsleistung beim privaten Haushalt erbringt und von diesem die Anweisungen erhält. Der Privathaushalt ist in diesem Fall zwar nicht Arbeitgeber, er muss aber dennoch dafür sorgen, dass die Gesundheit und Persönlichkeit der Hausangestellten geschützt wird. Es ist folglich auch hier wichtig, dass Sie sich über sämtliche Aspekte des Arbeitsverhältnisses kundig machen.
Ebenso sollten sie prüfen, ob der ausgewählte Personalvermittler bzw. -verleiher über die notwendigen (kantonalen und/oder nationalen) Bewilligungen verfügt und nicht eine unerlaubte grenzüberschreitende Tätigkeit einer Agentur ohne Geschäftssitz in der Schweiz vorliegt. Lassen Sie sich durch solche Agenturen Hausangestellte vermitteln/verleihen, drohen strafrechtliche Sanktionen. Auch bei Hausangestellten gilt damit die alte Weisheit: Vorsorge ist besser als Nachsorge.
Anna Neukom Chaney ist Counsel bei Thouvenin Rechtsanwälte KLG, Zürich. Sie ist Fachanwältin SAV Arbeitsrecht und berät und begleitet Arbeitgeber sowie Arbeinehmer bezüglich aller Aspekte eines Arbeitsverhältnisses und vertritt sie vor Gericht.
Hinweis: Dieser Artikel wurde in der Juni-Ausgabe 2021 der Zeitschrift «Das Ideal Heim» publiziert
2021-06-Ausgabe-Nr.-6-Juni-Anna-Neukom-Chaney-Stolperfalle-NAV.pdf (pdf 92 KB)